

Journalist. Nach dem jahrelangen weltmännischen Leben in Adelsfamilien in Russland war er enttäuscht vom Klima in der Schweiz. "Was für ein Gegensatz! und welch ein Hohn im Gegensatz! Draußen in der Fremde: offene Arme, warme Aufnahme, gutwillige Duldung seiner Eigentümlichkeit, Nachsicht gegen seine Fehler; hier in der Heimat: engherzige Nörgelei, Unfehlbarkeitsdünkel, Verneinung seiner gesamten Persönlichkeit", hieß es in dem stark autobiographisch gefärbten Roman Imago über diesen Eindruck. Ein Jahr danach zog er nach Zürich, arbeitete dort als Lehrer und schrieb sein erstes Werk : "Prometheus und Epimetheus ". 1880 gab er diesen Beruf zugunsten journalistischer und literarischer Tätigkeiten auf.
Mit 38 Jahren heiratete er 1883 Maria Op den Hooff und arbeitete als Redakteur in Basel. Es folgte die Geburt der ersten Tochter. Eines seiner Bücher "Das Wettfasten vom Heimligen "erschien in der Neuen Zürcher Zeitung. Danach folgten mehrere Geschichten, etwa "Der Parlamentär" und der Gedichtband "Schmetterlinge". Von 1890 bis 1892 leitete er die Feuilletonredaktion der Neuen Züricher Zeitung. Es folgte die Geburt der zweiten Tochter und die Familie zog 1893 nach Luzern in das Haus des Schwiegervaters um. Nunmehr frei von materiellen Sorgen, konnte er sich ganz seinen schriftstellerischen Arbeiten widmen.
Olympischer Frühling. Im Jahre 1905 erscheint sein Hauptwerk "Olympischer Frühling". Vier Jahre danach wurde Carl Ehrenbürger von Luzern. 1904 wurde ihm gemeinsam mit den späteren Nobelpreisträgern Thomas Mann und Hermann Hesse die Auszeichnung der Bauernfeldstiftung zuteil. 1909 machte ihn die Stadt Luzern zu ihrem Ehrenbürger.

Werke. Carl Spitteler schrieb neben seinen anderen Berufen häufig Artikel für die Neue Zürcher Zeitung ehe er als freier Schriftsteller arbeiten konnte. Er schrieb mythologische Epen, in denen antike Götter und Heroen modern umgedeutet werden. Seine Gestalten verkörpern Außenseitertum und zeigen Mitleid mit dem Leiden der unschuldigen in der Welt. Spitteler war auch Lyriker, Erzähler und Essayist.
Erst 1881 - und auch noch unter dem Pseudonym Carl Felix Tandem - erschien sein erstes Werk Prometheus und Epimetheus. Es blieb weitestgehend unbeachtet, auch wenn sich zum Beispiel Gottfried Keller sehr beeindruckt zeigte. Bekannter wurde Spitteler durch seine journalistischen Arbeiten, die zuerst in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften und dann in Sammelbänden wie Literarische Gleichnisse (1892) und Lachende Wahrheiten (1898) erschienen, sowie durch Erzählungen wie Conrad, der Leutnant (1898). Seine Versuche, auf der Bühne Fuß zu fassen, misslangen total. Die einzige Aufführung eines seiner Stücke gab es mit dem "Parlamentär" am 1. November 1889 in Basel - und es war ein Reinfall.
Spitteler sah sein eigentliches künstlerisches Anliegen im großen Epos. Sowohl seine Erzählungen als auch seine Gedichte (die Sammlungen Schmetterlinge und Glockenlieder) verstand er als Übungen, "damit ich zukünftige schwerere und größere Werke in klingende Form fügen kann". Der Durchbruch im Schaffen Spittelers kam mit dem Versepos "Olympischer Frühling" (wofür er auch offiziell den Nobelpreis bekam), dessen vier Teile (Die Auffahrt; Hera, die Braut; Die hohe Zeit; Ende und Wende) zwischen 1900 und 1905 entstanden. Es geht darin um den Aufstieg der jungen Götter aus dem Hades zum Olymp, um die Auseinandersetzung zwischen Zeus und Apoll um Hera, um viele einzelne Geschichten, die sich um verschiedene Götter wie Apoll, Hermes, Dionysos, Poseidon u. a. ranken; schließlich wird die Hinwendung der Götter zur Menschenwelt in Gestalt des Herakles dargestellt. Bei aller Bezogenheit zu der griechischen Mythologie wird dem Leser schnell klar, dass es eine ganz eigene Welt ist, die Spitteler hier darstellt, und dass nicht Griechenland, sondern seine Schweizer Heimat den Rahmen bildet.
Eine besondere Stellung unter den Werken des Dichters nimmt sein einziger Roman "Imago" (1906) ein. Es ist die Liebesgeschichte Spittelers zu seiner Cousine Ellen Vetter-Brodbeck, und es ist zugleich eine differenzierte Darstellung der Beziehung von Kunst und Leben. "Imago" war für den Dichter nicht nur ein Kunstwerk, es war sein Herzblut: "Für meine Lebensgeschichte, also für meine Biographen wird es das allerwichtigste Dokument sein. Ich erscheine in allen meinen Werken verhüllt und maskiert, hier zeige ich meiner Seele kleinste Faser." Nicht zufällig benannte Sigmund Freud 1912 auf Vorschlag von Carl Gustav Jung seine Zeitschrift für die Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften nach dem Roman Imago.


Carl Spitteler - Werke - Nobelpreis
Unser Schweizer Standpunkt - PDF-Dokument
Offizielle Seite der Carl Spitteler-Stiftung Luzern
Carl Spitteler - Werke - Projekt Gutenberg
Carl Spitteler: Historisches Lexikonder Schweiz
[Erwähnte Kalendertage in diesem Beitrag: 24. April 1845, 29. Dezember 1924, 1. November 1889, 26.Oktober 1914]
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