27. April 1749

Musik für den Frieden. Am 27. April 1749 soll im Londoner Green Park Händels "Musick for the Royal Fireworks" zu einem großen Feuerwerk erklingen. Es war ein Auftragswerk des englischen Hofes zum Gedenken des Aachener Friedens. Gegen die katholische Reaktion Europas vertonte Händel: "Lasst die Welt wissen, dass wir frei sein wollen."

Musick for the Royal Fireworks. Das Werk entstand als Auftragswerk des englischen Hofes für einen Festakt in Gedenken des im Oktober 1748 geschlossenen Aachener Friedens. So sollte am 27. April 1749 im Londoner Green Park Händels Musik als Begleitung zu einem großen Feuerwerk erklingen. Entstanden ist ein festliches, pompöses Werk, das bis heute zu den Glanzstücken barocker Orchesterliteratur zählt. Schon zur Probe am 21. April in Vauxhall Gardens sollen 12.000 Zuhörer gekommen und einen dreistündigen Verkehrsstau auf der London Bridge verursacht haben, wobei während verschiedener Auseinandersetzungen einige Herren verletzt worden sein sollen. Bei der Aufführung selbst war der Menschenandrang noch größer. - Händels Popularität hatte ihren Höhepunkt erreicht.



Lasst die Welt wissen, dass wir frei sein wollen. Diese Begeisterung galt nicht zuletzt dem Manne, der in seinen Werken wie schon bei früheren Gelegenheiten direkt auf bestimmte, die damalige englische Gesellschaft existentiell berührende politische und militärische Ereignisse Bezug nahm. Häufig gestaltete er geeignete Parallelstoffe aus dem Alten Testament. Auf diese Weise erhielten die in alttestamentarischem Gewand widergespiegelten Tagesereignisse verallgemeinerte Bedeutung. Dabei stand Händel unmissverständlich auf der Seite der englischen Nation, die seit 1739 in kriegerischen Auseinandersetzungen ihre bürgerlich-demokratischen Errungenschaften gegenüber einer bewaffneten katholisch-reaktionären Intervention zu verteidigen hatte. Die Engländer, die ihre Lage mit der des israelitischen Volkes verglichen und sich selbst als "auserwählte Nation" empfanden, mussten Händels Werke als besonders aktuell empfinden. Die mit dem österreichischen Erbfolgekrieg in Verbindung stehende Schlacht bei Dettingen (am 27. Juni 1743) veranlasste den Komponisten, das "Te Deum für den Frieden von Dettingen" HWV 283 zu schreiben, das im Rahmen der Siegesfeierlichkeiten in St. James aufgeführt wurde.

Fassungen. Neben dem "Messias" und der "Wassermusik" ist die "Musick for the Royal Fireworks" eines der populärsten Werke Georg Friedrich Händels. Die "Fireworks Musick" ist in drei Fassungen überliefert. Fassung I besteht aus zwei frühen Varianten der Ouvertüre, als Concerto in F und Concerto in D veröffentlicht. Fassung II ist die leider nicht erhalten gebliebene vollständige Partitur der Aufführung am 27. April 1749, bei der nur Bläser und Pauken zum Einsatz kamen. Fassung III ist in Händels Autograph enthalten, das Chrysander als Vorlage für seine Druck-Ausgabe diente. Diese Fassung sieht die obligatorische Mitwirkung der Streicher vor. Zu ihren Gunsten wurde die Anzahl der Bläser eingeschränkt.

Religion als Vorwand. Maria Stuarts Sohn, König Jakob VI. von Schottland, wurde nach der Vereinigung der Königreiche im Jahre 1603 auch König Jakob I. von England. Das 17. Jahrhundert war nicht nur eine Zeit heftiger religiöser Zwistigkeit sondern auch der Erringung bürgerlicher Rechte, etwa der "Bill of Rights" , in deren Folge die Stuarts ins Exil verbannt wurden und sich ihre Anhänger, die Jakobiter, zusammenschlossen. Der religiös kaschierte Bürgerkrieg, der in seinen Ursprüngen aber letztlich ein Machtkampf zwischen Krone und Parlament war, führte zu der besonderen Form der englischen Demokratie: Die Monarchie wird von einem souveränen Parlament und einer unabhängigen Richterschaft beschränkt. Der Ururenkel von Jakob VI., Prinz Charles Edward Stuart, der im italienischen Exil geboren war, glaubte, der rechtmäßige König Schottlands zu sein. Im Zusammenhang mit dem österreichischen Erbfolgekrieg und den Bestrebungen der Stuarts, die englische Krone wiederzuerlangen und den Katholizismus wieder einzuführen, landete dann der Kronprätendent, unterstützt von Ludwig XV. von Frankreich, im Sommer 1745 in Schottland und ging in Eriskay in den Western Isles an Land. Hier schloss sich der dortige schottische Adel einem Feldzug gegen England an. Von London aus zog ihm jedoch eine Armee von Freiwilligen entgegen, die die errungenen bürgerlichen Rechte zu verteidigen bereit war. In der jetzt besonders kritischen Situation begab sich Händel sämtlicher Verkleidungen und unterstützte die englische Verfassung gegen die absolutistische katholische und europäische Reaktion. Er schrieb für die englischen Freiwilligen, die Londoner Gentleman Volunteers den Chor "Stand round my brave Boys", in dem es heißt: "Lasst die Welt wissen, dass wir frei sein wollen."

Nach dem Sieg über den Kronprätendenten im April 1746 feierte Händel den Herzog von Cumberland, den Befehlshaber der englischen Verteidiger, mit dem Chor "From Scourging Rebellion", in welchem auch klar auf die Beteiligung Frankreichs an dieser Intervention hingewiesen wird. Ebenfalls in Verbindung mit diesen historischen Ereignissen entstanden das Gelegenheitsoratorium HWV 62 und das Oratorium Judas Maccabäus HWV 63.

Aachener Frieden von 1748. Die hundert Jahre zwischen dem Westfälischen Frieden (1648) und dem Aachener Frieden rahmen eine Periode europäischer Mächtepolitik ein, die durch fundamentalen Wandel charakterisiert ist: Der Niedergang von Papsttum, Spanien, den Niederlanden und Reich als Machtfaktoren und der Aufstieg von einzelnen Staaten innerhalb des Reiches (Preußen) ebenso wie von Frankreich und England als neue Mächte, die bei der Gestaltung der europäischen Mächtepolitik eine entscheidende Rolle spielten. Zugleich setzte sich in dieser Phase der Prozess der Einbeziehung der atlantischen Region in die europäische Mächtepolitik fort.

1748 wurde nach allgemeiner Erschöpfung der beteiligten Länder durch den Frieden von Aachen der österreichische Erbfolgekrieg beendet. Englands Krieg mit Spanien, von Georg II. am 19. Oktober 1739 erklärt, am 23. Oktober öffentlich proklamiert, war ein Teil dieses Krieges. - In London war der Friede am 2. Februar 1749 proklamiert worden. Die wichtigsten Punkte des Aachener Friedens waren der Verzicht Maria Theresias (reg. 1740-1780) und des sardinischen Königs auf die Herzogtümer Parma, Piacenza und Gustalla zugunsten des spanischen Infanten Don Philipp als Enkel des 1731 verstorbenen letzten Herzogs aus dem Hause Farnese, die Rückgabe der von Frankreich besetzten österreichischen Niederlande, die Garantierung der hannoverschen Erbfolge in England, die internationale Anerkennung der Pragmatischen Sanktion sowie die Zugehörigkeit von Schlesien und der Grafschaft Glatz zu Preußen waren. Preußen, das zwei Drittel seines Budgets für die Rüstung ausgab, wurde zu einem europäischen Machtfaktor. An den Folgen krankte Europa bis ins 20. Jahrhundert. Dauerhaften Frieden erreichte man nicht: Der Aachener Friede, der vor allem den politischen Interessen Englands entsprach und auf Kosten des verbündeten Österreichs ausgehandelt wurde, ließ die Brüchigkeit der traditionellen Allianz zwischen Österreich und den Seemächten (England/Hannover und Holland) offenbar werden.

Links:

Georg Friedrich Händel
Retrodigitalisat: Chrysander, Friedrich - Georg Friedrich Händel's Werke
Händel-Haus Halle

[Erwähnte Kalendertage in diesem Beitrag: 27. April 1749, 19. Oktober 1739, 23. Oktober 1739]

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